Die Diskussion über grüne Gase hat in den letzten Jahren an Dynamik gewonnen, da sie als Schlüsselkomponente für die Energiewende und den Kampf gegen den Klimawandel betrachtet werden. Grüne Gase, die aus erneuerbaren Quellen erzeugt werden, bieten eine vielversprechende Alternative zu fossilen Brennstoffen und könnten in Sektoren, in denen Elektrifizierung allein nicht ausreicht, eine entscheidende Rolle spielen. Doch was sind grüne Gase genau, wie steht es um ihren Markt in Deutschland, und welche Herausforderungen und Potenziale gibt es?
Was sind grüne Gase?
Unter dem Begriff „grüne Gase“ versteht man gasförmige Energieträger, die auf nachhaltige Weise produziert werden und einen geringen oder gar keinen CO₂-Fußabdruck aufweisen. Zu den wichtigsten Formen grüner Gase zählen:
- Biomethan: Ein Gas, das durch die Vergärung von organischen Abfällen oder Energiepflanzen erzeugt wird. Es hat ähnliche chemische Eigenschaften wie fossiles Erdgas und kann direkt ins bestehende Erdgasnetz eingespeist werden.
- Wasserstoff (H₂): Wasserstoff kann als „grün“ bezeichnet werden, wenn er durch Elektrolyse mit erneuerbarem Strom hergestellt wird. Diese Form wird oft als „grüner Wasserstoff“ bezeichnet und gilt als einer der vielversprechendsten Energieträger der Zukunft.
- Synthetisches Methan: Ein künstlich hergestelltes Gas, das aus grünem Wasserstoff und Kohlendioxid erzeugt wird. Es kann ebenfalls in bestehenden Erdgasinfrastrukturen genutzt werden.
Jedes dieser Gase hat spezifische Anwendungen und Vorteile. Gemeinsam haben sie das Potenzial, fossile Brennstoffe in verschiedenen Sektoren zu ersetzen – von der Industrie über den Verkehr bis hin zur Strom- und Wärmeerzeugung.
Der Markt für grüne Gase in Deutschland
Deutschland, als eine der führenden Industrienationen Europas, hat sich ambitionierte Klimaziele gesetzt. Bis 2045 will das Land klimaneutral sein, und grüne Gase spielen dabei eine zentrale Rolle. Der Markt für grüne Gase ist jedoch noch in der Entstehungsphase und von verschiedenen Faktoren geprägt:

1. Aktuelle Nachfrage und Infrastruktur
Die Nachfrage nach grünem Wasserstoff und Biomethan wächst stetig. Große Industrieunternehmen, insbesondere in den Bereichen Chemie und Stahl, investieren bereits in Pilotprojekte zur Nutzung von grünem Wasserstoff. Biomethan wird vor allem in der Wärmeversorgung und zur Stromerzeugung genutzt.
Die bestehende Gasinfrastruktur in Deutschland bietet einen entscheidenden Vorteil: Das gut ausgebaute Erdgasnetz könnte mit nur geringem Anpassungsbedarf für grüne Gase genutzt werden. Dies spart Zeit und Kosten und erleichtert die Integration in das bestehende Energiesystem.
2. Politische Rahmenbedingungen
Die Bundesregierung hat klare Signale für die Förderung grüner Gase gesetzt. Im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie wurden umfassende Investitionen angekündigt, um die Produktion und Nutzung von grünem Wasserstoff zu fördern. Zudem gibt es Förderprogramme für die Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz.
Die europäische Ebene spielt ebenfalls eine wichtige Rolle: Der EU Green Deal und die RED-II-Richtlinie setzen verbindliche Ziele für die Nutzung erneuerbarer Energien, einschließlich grüner Gase.
3. Produktionskapazitäten
Die aktuelle Produktionskapazität für grünen Wasserstoff ist in Deutschland noch begrenzt, da der Elektrolyseausbau noch in den Kinderschuhen steckt. Biomethan hingegen wird bereits in größerem Umfang produziert, vor allem in landwirtschaftlichen Betrieben. Dennoch reicht die Menge nicht aus, um die steigende Nachfrage zu decken.
Die Vorteile grüner Gase
1. Vielseitigkeit
Grüne Gase können in einer Vielzahl von Anwendungen genutzt werden. Sie eignen sich sowohl für die Stromerzeugung in Gaskraftwerken als auch für den Betrieb von Heizungen, die Mobilität (etwa in Brennstoffzellenfahrzeugen) und industrielle Prozesse.
2. Speicherung und Transport
Im Gegensatz zu Strom aus erneuerbaren Energien, der schwer zu speichern ist, lassen sich grüne Gase problemlos speichern und transportieren. Sie können in bestehenden Gasspeichern gelagert und über das vorhandene Gasnetz verteilt werden.
3. Reduktion von Emissionen
Der größte Vorteil liegt in der Einsparung von Treibhausgasen. Grüne Gase ermöglichen die Dekarbonisierung von Sektoren, die sich schwer elektrifizieren lassen, wie die Schwerindustrie oder der Flugverkehr.
4. Nutzung von Abfallstoffen
Biomethan kann aus organischen Abfällen gewonnen werden, wodurch gleichzeitig Abfall reduziert und Energie erzeugt wird.
Herausforderungen auf dem Weg zur Etablierung
1. Hohe Produktionskosten
Grüne Gase sind derzeit deutlich teurer als fossile Alternativen. Dies liegt vor allem an den hohen Investitionskosten für die Elektrolysetechnologie und die Biogasanlagen.
2. Mangelnde Infrastruktur
Obwohl das bestehende Gasnetz prinzipiell geeignet ist, grüne Gase zu transportieren, sind Anpassungen notwendig. Insbesondere für Wasserstoff sind spezielle Materialien erforderlich, da das Gas chemisch aggressiver ist als Methan.
3. Konkurrenz um erneuerbaren Strom
Die Herstellung von grünem Wasserstoff erfordert große Mengen an erneuerbarem Strom, der auch für andere Zwecke wie Elektromobilität oder Wärmepumpen benötigt wird. Hier könnte es zu Nutzungskonflikten kommen.
4. Regulierung und Marktanreize
Es fehlen klare gesetzliche Vorgaben und finanzielle Anreize, um den Einsatz grüner Gase in allen Sektoren zu fördern.
Potenziale und Zukunftsperspektiven
1. Technologieentwicklung
Die Kosten für die Elektrolyse und die Methanisierung könnten durch technologische Fortschritte deutlich sinken. Forschungsprojekte in Deutschland und weltweit zielen darauf ab, die Effizienz der Produktion zu erhöhen und die Kosten zu senken.
2. Internationale Zusammenarbeit
Deutschland könnte grüne Gase in großen Mengen importieren, insbesondere aus sonnen- und windreichen Ländern wie Australien oder Nordafrika. Solche Kooperationen könnten den Ausbau erneuerbarer Energien global vorantreiben.

3. Integration in die Energiewende
Grüne Gase könnten als „Rückgrat“ der Energiewende dienen, indem sie Schwankungen in der Stromerzeugung ausgleichen und schwer elektrifizierbare Sektoren dekarbonisieren.
Ein Blick in die Zukunft
Die Vision für grüne Gase ist klar: Sie sollen fossile Energieträger ersetzen und Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen. Es wird Zeit, in grüne Gase zu investieren – in Forschung, Infrastruktur und Marktanreize. Sie sind nicht nur ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, sondern auch eine Chance, die Energieversorgung sicherer und unabhängiger zu gestalten.